Mental Load – Diese Probleme belasten eine Beziehung
Zusammenfassung: Immer mehr Frauen beklagen den sogenannten "Mental Load" in ihrer Partnerschaft. Was das genau ist und warum sich dafür auch alle Männer interessieren sollten.
Inhaltsverzeichnis
- Wenn Frauen "überladen" sind
- Was ist überhaupt Mental Load?
- Warum reden plötzlich alle (Frauen) von Mental Load?
- Wer hat den Begriff eigentlich erfunden?
- Warum leiden vor allem Frauen darunter?
- Welche Auswirkungen hat Mental Load auf die Liebe?
- Verschärft die Corona-Krise das Problem?
- Woran erkenne ich, dass meine Partnerin unter Mental Load leidet?
- Wie können Mann und Frau gemeinsam das Problem lösen?
- Können auch Männer von dem Mental-Load-Problem betroffen sein?
- Fazit: Geteiltes Leid, ist halbes Leid
Wenn Frauen "überladen" sind
Wer denkt an Geburtstagsgeschenke? Wer plant das Abendessen? Wer kauft Staubsaugerbeutel? Wer trägt den Elternabend in den Familienkalender ein? Und wer geht dann auch hin? In den meisten Familien lautet die Antwort: die Frau. Die Partnerin. Die Mama. Für Außenstehende unsichtbar, rattern unendliche To-do-Listen durchs weibliche Gehirn und sorgen so für Druck, Stress und schlechte Stimmung. Man sieht das nicht, aber neuerdings hat das Ganze wenigstens einen Namen: Mental Load.
Was ist überhaupt Mental Load?
Im Grunde sagt der Begriff Mental Load erst einmal nichts anderes, als dass es neben den sichtbaren Aufgaben im Alltagsleben sehr, sehr viele unsichtbare Aufgaben gibt, die nie explizit genannt werden und die dennoch alle so nebenher identifiziert, bedacht, geplant und dann erledigt werden müssen. Maßgeblich ist darüber hinaus, dass es in den Familien meist eine einzige Person ist, welche die komplette Verantwortung für alle Prozesse und Ergebnisse trägt. In den allermeisten Fällen sind das die Frauen. Sie tragen die volle Verantwortung und damit den Mental Load, und zwar unabhängig vom Umfang der eigenen Erwerbstätigkeit.
Warum reden plötzlich alle (Frauen) von Mental Load?
Es hilft für dieses Phänomen einen Namen zu haben. In der freien Wirtschaft würde man zu Mental Load vielleicht Projektmanagement sagen. Ein ziemlich gut bezahlter Job im Übrigen und niemand würde auf die Idee kommen, dem Projektmanager auch noch die Umsetzung des Projekts zusätzlich aufzuhalsen. Und der Projektmanager würde sich keine Vorwürfe machen, wenn er dann an dem Umfang der Aufgaben scheitert.
Wer hat den Begriff eigentlich erfunden?
Den Begriff gab es in der Soziologie schon lange. Populär geworden ist er durch das Comic "You should’ve asked" von der französischen Illustratorin Emma: Sie hat den Begriff aus der Wissenschaftsecke in den Alltag geholt und so gut visualisiert, dass es den Betroffenen wie Schuppen von den Augen gefallen ist.
Warum leiden vor allem Frauen darunter?
Zum großen Teil ist das ein Problem der gesellschaftlichen Ansichten und der Sozialisierung. Frauen lernen schon früh, dass sie fürs Kümmern zuständig sind. Ihnen wird mitgegeben: Egal, was du später an Erwerbsarbeit leistest: Du wirst für Familie und Haushalt zuständig sein – das ist dein Hoheitsgebiet. Es wird auch unterstellt, dass Frauen das irgendwie in den Genen oder im Blut liegt, dass wir das sogar gerne machen. Und weil wir das gerne machen, brauchen sie auch keine Anerkennung dafür. Es ist ja selbstverständlich.
Welche Auswirkungen hat Mental Load auf die Liebe?
Wenn man Mental Load nicht teilt, kommt es irgendwann zu einer Überlastung und die Frau rutscht langsam Richtung Burnout. Ein konstruktiver Austausch ist dann nur noch schwer möglich. Oskar Holzberg, ein bekannter Paartherapeut hat mal gesagt: 'Aus Überforderung wird Forderung.' Denn am Ende streiten die Paare dann nicht mehr um Verantwortlichkeiten und To-Dos, sondern um Verletzungen und darum, dass sie sich alleingelassen fühlen. Das macht es dann sehr schwierig über Mental Load zu sprechen, denn es werden plötzlich Sach- und Beziehungsebene vermischt.
Verschärft die Corona-Krise das Problem?
Ja, absolut, vor allem bei den Paaren, die es sich leisten konnten vieles auszulagern. Da wo Gleichberechtigung eben nicht bedeutet hat, dass beide Partner sich kümmern und den Umfang ihrer Erwerbsarbeit anpassen, sondern eine andere Person bezahlt wurde, To-Dos zu übernehmen – also eine Putzfrau, ein Aupair, eine Wäscherei, ein Babysitter. Die Frau war da von der Umsetzung entlastet, hatte aber noch die Organisation in den Händen, was aber mit der Erwerbstätigkeit vereinbar war. Zu Corona kommen dann plötzlich die Kinder, die mit Essen versorgt werden wollen und Unterstützung im schulischen Bereich benötigen. All die externe Unterstützung ist ja weggebrochen. Wenn dann der Mann ein höheres Gehalt als die Frau hat, ist schnell klar: Haushalt und Kinder, das ist jetzt der Vollzeitjob der Frau. Ob sie das mit ihrer Erwerbsarbeit hinbekommt, muss sie dann schauen und wenn nicht, dann muss sie Stunden reduzieren oder worst case kündigen.
Woran erkenne ich, dass meine Partnerin unter Mental Load leidet?
Die meisten werden es daran merken, dass die Frau dauererschöpft wirkt und man das Gefühl hat, sie ist im Kopf immer ganz woanders. Vielen geht jede Leichtigkeit und vor allem der Humor abhanden. Man ist ganz verkniffen und alles muss immer genau nach einem Plan ablaufen. Als Mann hilft es da einfach mal nachzufragen: Was kann ich tun, damit wir mal wieder einen entspannten Abend haben? Was kann ich dir abnehmen? Worüber wollen wir mal sprechen? Ich will dich nicht allein mit allem lassen, weiß aber nicht genau, wie ich mich einbringen kann. Ich weiß, das ist jetzt Zusatzaufwand für dich, aber ich wünsche mir, dass wir in Zukunft die Last gemeinsam tragen.
Wie können Mann und Frau gemeinsam das Problem lösen?
Das größte Problem am Mental Load ist, dass er unsichtbar ist. Deswegen finde ich, sollte man das ganze Problem wirklich wie klassisches Projektmanagement angehen:
- 1. Bestandsaufnahme: Das heißt möglichst kleinteilig zusammentragen, wer was wann wie oft macht und auch markieren: Wer denkt dran und initiiert den Prozess.
- 2. Besprechungsroutine: Am besten im Wochenrhythmus, bei der Aufgaben und Verantwortlichkeiten verteilt werden und man alles bespricht: Wer macht wann was?
- 3. Retrospektive: Die ist alle paar Monate nötig: Wie lief es? Was lief gut, was schlecht? Warum? Was muss umverteilt werden? Welche Aufgaben kann man dauerhaft abgeben? Welche Aufgaben sollte man rotieren, um Wissen und Kompetenz aufzubauen? Also im Wesentlichen reden, reden, reden.
Und nicht vergessen: Wenn man Ausfallsicherheit und Hochverfügbarkeit in der IT gewährleisten will, muss man auf Redundanz setzen. Das heißt, es geht in erster Linie gar nicht um Effizienz, sondern darum, dass beide Partner kritisches Wissen und entsprechende Kompetenzen vorhalten und das gilt dann sowohl für Care- als auch Erwerbsarbeit. Daran zu arbeiten, dass die Frau auch einen guten Job hat, mit dem sie wesentlich zum Familieneinkommen beiträgt, ist dann ebenso wichtig. Aber das ist nochmal ein zusätzliches Thema.
Können auch Männer von dem Mental-Load-Problem betroffen sein?
Klar. Allerdings sehr viel seltener. Es gibt sogar Studien, die zeigen, dass in Familien, in denen die Frau mehr erwerbsarbeitet und deutlich mehr als der Mann verdient, mehr Care-Arbeit übernimmt, denn sie hat
- ein schlechtes Gewissen ihrem Mann gegenüber (weil sie so viel mehr verdient, das ist schließlich eine Männerdomäne), und
- verlangen die Lebensumstände es, dass dem Mann die 'degradierende Hausarbeit zugemutet' wird.
Fazit: Geteiltes Leid, ist halbes Leid
Mental Load ist auf den ersten Blick eine Misere der Frauen. Wer aber genauer hinschaut, der erkennt sehr schnell: Der Mann ist der eigentliche Schlüssel zur Beseitigung dieses Problems. Dabei hilft im ersten Schritt die Anerkennung des Sachverhaltes und ein offenes Gespräch mit der Partnerin. Wer das scheut, kann natürlich auch erst einmal mit einem Coach über seine Partnerschaft sprechen, Ansprechpartner gibt es zum Beispiel unter vaeter-ggmbh.de/corona. Danach ist aber ein Gespräch mit der Partnerin unbedingt von Nöten. Und ein altes Sprichwort, dass immer noch seine Gültigkeit hat: Geteiltes Leid, ist halbes Leid.